Rustikal und dennoch elegant.
Mit einer bemerkenswert dünnen Kruste.
Fein karamellisiert. Herrlich dunkelbraun. Beim Backen.
Die Krume. Mit ihren einzigartigen Öffnungen hat einen feinen,
milden Sauerteiggeschmack.
Verteilt verführerisch süßfrischen Duft.
Das Backen mit Sauerteig – so einfach.
Und doch so komplex.
Mehl Wasser Salz. Es klingt so leicht.
Und ist doch so viel mehr.
Ein Rezept einfach übernehmen und nachbacken?
Ganz ohne Erfahrung?
Erfahrung, Gefühl und Zeit.
Das sind die wichtigen Zutaten.
Doch diese stehen in keinem Rezeptbuch.
Es sind diese sensiblen Zutaten, die ein gutes Brot
unendlich wertvoll machen.
Wenn alles stimmt.
Charakter und Geschmack
Wenn alles stimmt:
Dann hat ein Brot Charakter und Geschmack.
Dann steckt in einem Butterbrot alles, was deutsche Küchenkultur ausmacht.
Anspruchsvoll und anspruchslos. Das Butterbrot das Synonym für Deutschland.
Schon Simplicissimus schwärmt im siebzehnten Jahrhundert vom Butterbrot.
Im Paradies, einem Nonnenkloster: “Lernte ich das Schwarzbrot schmieren, fingerdick mit gesalzener Butter,
damit es besser rutscht.“
Einfach. Himmlisch.
Eine 2 Zentimeter dicke Scheibe „UrRoggen“ aus Natursauerteig.
Vielleicht schon ein paar Tage alt. Mit einer feinen, kompakten, elastischen Krume.
Zärtlich getoastet.
Jetzt nur noch etwas geriebener Knoblauch auf die lauwarme Scheibe.
Nicht zu heiß. So dass die Butter nicht zerläuft.
Eine feine Butter. Bitte Rohmilchbutter.
Und etwas Fleur de Sel.
Die Krönung der Deutschen Esskultur verlangt nach höchster Qualität.
Himmel auf Erden.
Circa 55.000 Bäckereien gab es in den 50er Jahren.
Aktuell backen noch circa 10.000 Handwerksbetriebe in Deutschland.
Es überrascht nicht mehr. Wenn eine Bäckerei aufgibt.
Es ist nur etwas merkwürdig, dass gerade bei uns in Deutschland
immer mehr Bäckereien aufgeben. Immerhin zählt hier die Brotkultur
zum immateriellen Kulturerbe.
Doch von der Tradition allein lässt sich nicht abbeißen.
Brotbacken ist ein anstrengendes Handwerk. O.k. das gilt auch für andere Berufe.
Und auch die harte Arbeit in der Nacht. Gilt auch für andere, ähnlich harte Jobs.
Nein - nirgendwo wird niemandem irgendetwas geschenkt.
Umso größer die Freude an einem selbst gesteckten, hohen Qualitätsanspruch.
Den wir an uns und unsere Arbeite stellen.
Außerordentliche Qualität ist großartige Erfüllung.
In unserem Fall unbedingt fernab von DIN und ISO.
DIN und ISO - an diesen Lettern endet unser Feingefühl.
An diesen Standards enden Sensibilität und Leidenschaft,
die ein Brot lebendig werden lassen.
Lebendig.
Tatsächlich sprechen wir bei einem Sauerteig von etwas Lebendigem.
Sauerteig. Das natürliche Backtriebmittel aus Mehl und Wasser.
Es verleiht Backwaren eine besondere Textur sowie einen einzigartigen Geschmack.
Die Organismen im Sauerteig verwenden Stärke und die Mineralstoffe aus dem Mehl zur Fermentation und zur Steigerung des Brotvolumens.
Oh ja. Das einzigartige Aroma entsteht durch organische Mikroorganismen.
Aus Ägypten stammend, wurde die Herstellung von Sauerteig und sodann die Sauerteigrezepte über Jahrtausende von Land zu Land von Stadt zu Stadt von Generation zu Generation weitergegeben.
Doch mit dem zunehmenden Verschwinden der Bäckereien gehen nun auch die vielen Rezepte und Erfahrungen verloren.
Also einfach den eingefrorenen Teigling nur noch schnell per Knopfdruck in den Automaten schmeißen, aufbacken und fertig ist das Einheits-MassenBrot. Die beschleunigenden Zusatzstoffe regeln das alles schon zuverlässig. Und müssen sich nicht auf Erfahrung und Gefühl verlassen.
Einfach. Praktisch. Einheitsbrei.
Kann ein Backautomat „Charakter“ entwickeln?
Kann ein Backautomat ein Gefühl für einen echten Teig und dessen Reife entwickeln?
Kann ein Backautomat auf individuelle Wünsche eingehen?
Vielleicht kann der eine und andere Backautomat das Gefühl und die Erfahrung eines Bäckers simulieren.
Vielleicht verbuchen wir diese Simulations-Leistungen unter Weiterentwicklung und Fortschritt.
Vielleicht sind Begriffe wie Nähe und Verantwortung, Nachhaltigkeit und strukturelle Verbundenheit, Geschichte und Kultur einfach nur anachronistische Phrasendrescherei.
Vielleicht wird der aktuelle Beitrag, den unser Bäckereihandwerk für unsere Gesellschaft leistet, tatsächlich komplett überbewertet.
Vielleicht lassen sich die simplen Herausforderungen, vor denen wir stehen wie z.B. Klimawandel, Artensterben, die Abwanderung der Bevölkerung aus dem ländlichen Raum oder der Erhalt demokratischer Strukturen ebenfalls mit einem Automaten abschalten.
Das ist bequem und geht per Knopfdruck.
Den wirklichen Preis für scheinbar billige Brötchen aus der Klappe im Supermarkt, zahlen wir in jedem Fall.
Die Sonne geht auf. Doch ganz gleich wie billig ein Brötchen noch werden wird.
Wir backen unsere eigene Welt. Wir sehen darin sogar eine sinnerfüllende Arbeit.
Wir züchten unsere Sauerteige, schwofen mit unseren Kulturen und erfreuen uns an den frechen Hefebakterien, die sich bei zunehmender Backofen-Hitze durch den Teigling boxen, um an der Oberfläche den Tanz der Karamellisierung zu zelebrieren.
Wir fühlen den Teig in unseren Händen und spüren wie ein kleines Stück Zukunft zu reifen beginnt. Wir erfreuen uns an deren Texturen und sehen darin eine feine, goldbraune Blume aufgehen.
Jetzt riechen wir zu Hause, Heimat, Geborgenheit. Wärme.
Wir backen ganz selbstbestimmt, fühlen den Teig in unseren Händen.
Zufriedenheit. Gelassenheit. Die Sonne geht auf.
Genug geträumt. Jetzt aber schnell. Um 6.30 Uhr muss alles fertig sein.
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